Oekodok
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Abstract
Global denken heisst auch: bewusst lokal essen
«Lokal essen» wiederum heisst nicht, auf (im übrigen meist nur vermeintlichen) EthnoFood zu verzichten. Es heisst aber, exotisches Essen bewusst zu wählen. Und das wiederum geht nur mit genügend Information – und um diesen Kern dreht sich der erste, der grosse Teil des Buches<br/>José Lutzenberger und Franz-Theo Gottwald leiten in ihm zwölf Thesen her. Die Thesen eignen sich vortrefflich für lange und tiefsinnige Gespräche, die Herleitung aber ist viel aufschlussreicher. So zeigen Lutzenberger und Gottwald (und das alles in der wohltuenden Orthographie aus der Zeit vor der Rechtschreibereform), dass die früheren Bauern in Latein- und Südamerika durchaus verhältnismässig wenig Ertrag eines handelbaren Produktes pro Hektare Land ernten: etwa drei Tonnen. Rechnet man aber mit, was sie auf diesem Hektar zusätzlich für den Eigenbedarf wachsen liessen, so können das erstaunliche 15 Tonnen werden<br/>Mit solchen und ähnlichen Beispielen zeigen die Verfasser, dass die heutige Landwirtschaft dazu verkommt, der Industrie zuzudienen: «Es ist ein neuer Höhepunkt im laufenden Prozess der Enteignung der Bauern durch die Industrie.»$Bei der Beschreibung von Missständen sind die Verfasser denn auch am stärksten. Weniger überzeugend sind einige etwas abgehobene «Gaia»-Ausführungen, die erst noch ein wenig motivationslos im Text hängen. Wesentlich aufschlussreicher sind die Überlegungen zum Nahrungsmittelmarkt des kommenden Jahrhunderts, die mit bereits heute bestehenden Beispielen kräftig gewürzt sind<br/>Und die anderen Beiträge? Jeder einzelne für sich genommen ist sehr lesenswert. Man hätte aber dem Buch ein strengeres Lektorat gewünscht, denn was Lutzenberger und Gottwald schon gesagt haben, sagen etwa Liz Henderson (Biolandwirtin in den USA) und Bernward Geier (Biobauer in Deutschland) teilweise nochmals – wobei Geier trotz aller Eigenleistung streckenweise offenbar etwas stärker bei Udo Pollmer abgeschaut hat, als gut tut (man liest Pollmer denn doch lieber gleich im Original). Vandana Shiva ist souverän wie immer, stärker aber ist Marian Ogodi mit ihren zurückhaltenden Schilderungen aus Afrika. Bei ihr finden sich übrigens auch Rezepte. Und da beispielsweise nicht alle Hülsenfrüchte importiert werden müssen, kann man nach der Lektüre global denkend bewusst lokal essen. Gesamteinschätzung: empfehlenswerte Übersicht, nicht zuletzt wegen des sehr nützlichen Registers.
Stichworte: Ernährung, Nahrungsmittel, Gentechnologie, Functional Food, Novel Food, ökologischer Landbau, Zahlen, Tabellen, Grafiken, Literaturhinweise, Permakultur, Positiv-Beispiele, Expo 2000 (Deutschland), Direktvermarktung, Dritte Welt, Entwicklungsländer, Rohstoffe, Welthandel, Ernährungssicherheit, Exporte, Importe, Verzicht, Askese, Vegetarismus, VeganerInnen, Fleischproduktion, Zukunft
Schlagwort: Bücher und neue Medien > «Buch des Monats»
Medium: ökomedia
Publikationsdatum: 14.10.1999
Autor: tsc.
Eigenschaften: Buch; Statistiken/Grafik;
Buchangaben: Ernährung in der Wissensgesellschaft. Vision: Informiert essen (mit Beiträgen von Bernward Geier, Gustavo Esteva, Vandana Shiva, Liz Henderson und Marian Ogodi). Campus-Verlag, Frankfurt a.M., 1999.
Buchautor: Lutzenberger, José / Gottwald, Franz-Theo
Seiten, Preis: 258 S. / 36 DM / 35 sFr.
ISBN: 3-593-36039-X
Abstract-Nr: 105053
Abstract-ID: 00511300032