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Abstract


Was wir brauchen ist beileibe nicht immer, was wir wollen

Wenn sich HistorikerInnen dereinst über das Jahr 2000 in Deutschland beugen, welches Thema wird dann als das Wichtigste erscheinen? Die Klimaveränderung, vielleicht? Hunger in der Dritten Welt? Ungerechtigkeit? Nichts von alledem: die Ladenöffnungszeiten<br/>Und das wird sogar aufschlussreicher als die anderen Probleme sein, wie Erhard Eppler in gewohnt eleganten Formulierungen zeigt: Denn das fundamentale Recht scheint in Deutschland derzeit jenes auf Konsum zu sein – und da soll auch das Grundgesetz die Verfassung nicht stören<br/>Von diesem Beispiel aus legt Eppler einen roten Faden über die Bedürfnisdiskussion, die in den Siebzigerjahren startete («basic needs») und noch heute oft falsch verstanden wird. Und zwar nicht zuletzt darum, weil einige Grundbedürfnisse je nach Region bisweilen auch zeitlichem Wandel unterliegen (auch das Grundbedürfnis nach Arbeit gab es nicht immer)<br/>Heute wird eine Politik der Grundbedürfnisse (in armen Ländern heisst dies dann «Armutsbekämpfung», was gleichzeitig auch Umweltschutz ist) meist scheel betrachtet mit dem Hinweis, nur der Markt werde alles richten können. Jedenfalls kann der Markt Grundbedürfnisse nur decken, wenn er funktioniert. Er funktioniert aber einerseits nicht für alle (wer kein Geld hat, hat keinen Marktzugang) und anderseits auch nicht für alles: Das Grundbedürfnis «Geborgenheit» für Kinder ist nun einmal nicht käuflich (auch wenn es durchaus kostet). Was der Markt hingegen ganz grossartig kann, ist «Bedürfnisse zu wecken, anstatt Grundbedürfnisse zu befriedigen». Was natürlich nur heissen will, dass Natur, Familie, Zivilgesellschaft, Gemeinde, Stadt, Staat und Markt zusammenwirken müssen<br/>So führt uns Eppler in seinem leicht und angenehm lesbaren Buch gleichsam unmerklich von einem Thema zum nächsten, bis man nochmals vor denselben Kernthemen steht: diesmal als «Zwölf Thesen» aufbereitet, die man in der Mitte des Buches findet. Den zweiten, ebenfalls lesenswerten und gleichfalls vom Register umfassten zweiten Buchteil bestreiten Sumaya Farhat-Naser, Abel Bosum, Chungliang Al Huang und Gunter Pauli, wobei der grosse, der schwergewichtige und elegante Teil jener von Eppler bleibt. Wer einen Tag frei hat, reserviere ihn – vielleicht sogar statt einem Besuch der Expo 2000 – diesem Buch.

Stichworte: Lebensqualität, Wertewandel, Sprache, Stil, Religionen, «geistige Grundnahrung», Heimat, Frieden, Identität, Cree-Indianer, indigene Völker, Philosophie, Lebensphilosophie, Nullemissionswirtschaft, Aurelio Peccei, Volkswirtschaftslehre, Nationalökonomie, Zeri Foundation
Schlagwort: Bücher und neue Medien > «Buch des Monats»

Medium:
Ökomedia
Publikationsdatum: 10.05.2000
Autor: tsc.
Eigenschaften: Buch; Kommentar;

Buchangaben:
Was braucht der Mensch? Vision: Politik im Dienst der Grundbedürfnisse (Reihe Expo 2000 Hannover), Campus-Verlag, Frankfurt, 2000.
Buchautor: Eppler, Erhard:
Seiten, Preis: 205 S. / 36 Mark / 35 sFr.
ISBN: 3-593-36041-1

Abstract-Nr: 107105
Abstract-ID: 00511300040