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Abstract

Die Kinderkrankheiten der ersten deutschen Umwelt-CD-ROM

Es hat ziemlich lange gedauert, bis auch im deutschsprachigen Raum das Medium CD-ROM für Umweltinformationen entdeckt wurde. Der Verlag Vieweg hat nun das «Ökologikum» vorgestellt: Die Scheibe stellt einen ersten, allerdings noch nicht ganz befriedigenden Versuch dar, das neue Medium zu nutzen. Das Ökologikum richtet sich in erster Linie an Umweltbeauftragte in (deutschen) Unternehmen. Der Autor Volker Best hat das Angebot auch entsprechend zusammengestellt und auf den gewerblichen und technischen Umweltschutz das Hauptaugenmerk gerichtet. Das Ökologikum besteht aus fünf Teilen: einem Lexikon, einem Abkürzungsverzeichnis, einer Chronologie, einem Verzeichnis von Entsorgungsunternehmen und einem Verzeichnis von Umweltgesetzen. Am interessantesten ist das Lexikon: Es ermöglicht einen sehr einfachen, komfortabel programmierten Zugriff auf die zahlreichen Einträge. Die gefundenen Texte können kopiert und in anderen Programmen weiterbearbeitet werden. Die meisten Texte enthalten zahlreiche Hyperlinks, die auf weitere Seiten verweisen. Auch lassen sich zu einigen Stichworten Tabellen und Bilder aufrufen. Allerdings: fast alles, was das Lexikon des Ökologikums kann, bietet auch ein mittelmässiges gedrucktes Lexikon. Ärgerlich am Lexikon sind die zahlreichen Tippfehler, die auf eine etwas oberflächliche Lektorierung verweisen, und die einseitige Ausrichtung der Stichworte. So sucht man «Nachhaltigkeit» ebenso vergeblich wie «UNCED». Der Eintrag zu «Rio de Janeiro» umfasst mickrige zwei Zeilen plus die Aufzählung der verabschiedeten Abkommen. Aber es hat auch Fehler im Lexikon: Zum Beispiel verweist der Eintrag «Berner Konvention» auf die Gründung der Rheinschutzkommission 1963. Das ist falsch. Zwar wurde in Bern 1963 ein Vertrag zum Schutz des Rheins unterzeichnet, im internationalen Umweltrecht bezeichnet «Berner Konvention» jedoch das 1979 im Rahmen des Europarates unterzeichnete Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere. Dieses Abkommen sucht man im Lexikon vergeblich. Das Abkürzungsverzeichnis ist ziemlich umfassend - da findet sich zum Beispiel auch das Akronym UNCED. Umweltorganisationen wie den deutschen BUND oder den WWF sucht man allerdings vergebens. Auch fehlt teilweise die englische Aufschlüsselung der Abkürzung. Unverständlich ist ferner, wieso dieser Teil nicht in das Lexikon integriert und mit Hyperlinks zu den entsprechenden Einträgen verknüpft wurde. Die Umweltchronologie ist zwar gut gemeint, aber ziemlich wertlos, da keine Suchmöglichkeiten eingebaut wurden. Seltsam ist auch, dass die Tabelle Mitte 1994 aufhört, obwohl das Ökologikum erst im Sommer 1995 ausgeliefert wurde. Dieser Teil des Ökologikums ist ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht damit getan ist, einen Text einfach auf CD-ROM zu kopieren, ohne ihn entsprechend aufzubereiten. Der Gesetzesteil des Ökologikums besteht aus zwei Teilen: dem deutschen Umweltrecht und demjenigen der EU. Allerdings enthält die CD-ROM nicht die Gesetzestexte, sondern lediglich die Fundstellen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern völlig unverständlich, weil auf der Scheibe noch eine Menge Platz vorhanden wäre! Der praktische Nutzen dieses Teiles ist sowieso fraglich, ändern sich doch die Vorschriften so schnell, dass eine On-line-Datenbankanbindung das mindeste gewesen wäre, was bei diesem Preis zu erwarten wäre. Das Verzeichnis der Entsorgungsbetriebe ist für die Schweiz nicht von Interesse und soll deshalb hier unberücksichtigt bleiben. Lohnt sich die Anschaffung der Scheibe, die immerhin 698 DM kostet (unverbindliche Preisempfehlung)? Die Frage lässt sich schwer beantworten. Für Unternehmen, die viel mit deutschen Partnern zusammenarbeiten, bietet das Programm einige gute und schnell auffindbare Informationen. Für alle anderen potentiellen Interessenten dürfte das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmen. Die gut programmierten Suchmöglichkeiten wiegen die Lückenhaftigkeit und die vielen Kinderkrankheiten des Ökologikums nicht auf. Dem Vieweg Verlag fällt ohne Zweifel das Verdienst zu, bereits jetzt das neue Medium ausprobiert zu haben. Doch entweder hätte man mehr in die Weiterentwicklung des Produktes investieren müssen, bevor es auf den Markt kommt, oder der Preis hätte entsprechend nach unten korrigiert werden müssen. So aber zahlen die ersten Käufer das Lehrgeld des Verlages.

Stichworte: CD-ROM; Lexikon; Nachschlagewerke; Gesetze; Abkürzungen; Deutschland; Umweltrecht; Europa
Schlagwort: Bücher und neue Medien > Rezensionen OekoDok

Medium: Ökomedia
Publikationsdatum: 01.09.1995
Autor: ph.
Eigenschaften: Buch;

Buchangaben: Ökologikum. PC-Umweltlexikon auf CD-ROM (= CD-ROM), Vieweg, Wiesbaden, 1994.
Buchautor: Best, Volker
Seiten, Preis: 698 DM
ISBN: ISBN 3-528-06612-1

Abstract-Nr: 45431
Abstract-ID: 00501050074