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Abstract


Horx und Steilmann: Der Ex-68er und die Öko-Designerin im Dialog

Schon wieder Horx? Ja! Und mit gutem Grund. Matthias Horx, der «Shooting Star» der bundesdeutschen Trendforscher-Gemeinde, ist nicht nur ein kluger Kopf, er ist auch äusserst produktiv. Kaum haben wir sein letztes, fulminantes Werk «Markenkult» (siehe Medienspiegel Umwelt 6/95) verdaut, liegt schon sein nächstes Buch vor. Zusammen mit Britta Steilmann führt Horx einen Dialog über Gott und die Welt, über Konsum und über Wertewandel - und vor allem über die Deutschen. <br/> Der neue Metropolitan Verlag (nicht zu verwechseln mit dem Metropolis Verlag) hat sich zum Ziel gesetzt, Marketing-Bücher der gehobenen Art zu machen. Und der schönen Art. «Millenium Moral» ist beides: Es kommt gediegen daher, und es enthält Marketing-Weisheiten, die ihrer Zeit weit voraus sein dürften. <br/> Das Buch ist spannend zu lesen. Es ist zwar ein Dialog, der so - face to face - nicht stattgefunden hat. Im Vorwort schreibt ein etwas genervter Albert Christian Sellner, der Herausgeber, er habe die Endfassung des Textes aus nicht weniger als sieben Textvarianten zusammenstiefeln müssen. Uns, den Leserinnen und Lesern des Buches, kann das egal sein; Sellner hat seinen Job nämlich hervorragend gemacht. Der Text weist keine Brüche auf, und auch peinliche Übergänge bleiben uns erspart. <br/> Zwar oszilliert manchmal das Niveau der Diskussion irgendwo zwischen Stammtischdebatte und Soziologendiskurs. Was die beiden zu bieten haben, wiegt dieses Manko allerdings auf: Das Duo Steilmann/Horx ist nicht schlecht gewählt. Der Trendforscher Horx ist eloquent, belesen und ein hervorragender analytischer Kopf. Die Designerin Britta Steilmann, eine in Deutschland gefeierte Jung-Öko-Managerin, ist innovativ, offen und ebenfalls blitzgescheit. Mit ihren Neuerungen bei Ökotextilien hat sie in ihrer Branche für einigen Wirbel gesorgt. <br/> Britta Steilmann und Matthias Horx streifen in ihrem Gespräch auch zahlreiche Umweltfragen: Wieso sind deutsche (europäische) Unternehmer so verklemmt, wenn es um ökosoziale Innovationen geht? Weshalb können wir am Markt Tendenzen beobachten, die sich scheinbar widersprechen, wie zum Beispiel Biobaumwolle und Techno-Klamotten? Wie sieht die Ökologie der Zukunft aus: «Zurück zur Natur» oder «High-Tech-Umweltschutz»? Erwartungsgemäss finden sich im Buch keine Antworten, dafür um so mehr anregende (und provokative) Impulse. <br/> Einen «roten Faden» hat das Buch nicht. Die Dialoge sind sehr assoziativ und streifen deshalb viele Themen nur «en passant». Während Britta Steilmann meistens mit Beispielen aus ihrem Erfahrungsschatz, der Textilindustrie, argumentiert, versucht Horx immer wieder einen theoretischen Unterbau (oder eher Überbau?) zu liefern. Dass ihm, dem Alt-68er, das nicht immer gelingt, entgeht auch Britta Steilmann, 30 Jahre jung, nicht: «Sie haben teilweise eine Tendenz, sehr unfundiert über Themenkomplexe zu sprechen. So oberflächlich theoretisch», wirft sie ihm an den Kopf. Wie recht sie doch hat. Doch der mit allen Wassern gewaschene Horx steckt das locker weg. Er ist es, der im Buch (leider) den Ton angibt und zumeist auch das letzte Wort hat. <br/> Immer wieder kreist der Dialog zwischen dem Trendforscher und der Öko-Managerin um das Begriffspaar Moral und Ethik. Gegen den Schluss des Buches bringt es Horx folgendermassen auf den Punkt: «Mir scheint, wir kommen am Schluss dahin, dass die Ethik, die uns im nächsten Jahrhundert leiten soll, eigentlich überhaupt nichts mit dem zu tun hat, was man normalerweise ‚Moral‘ nennt. Weil moralische Konzepte nie funktionieren. Entweder sind sie Verzichtskonstruktionen, die die Leute nicht mittragen. Oder es sind durch Angst und Schuld getriebene Prozesse, die genau das Gegenteil von dem erzeugen, was man eigentlich anstrebt.» Klare Worte und eine unmissverständliche Absage an die Politik der grünen Verzichtsapostel, die, landauf, landab missionierend, ihre Heilsbotschaften vortragen. <br/> Fazit: Mit «Millenium Moral» hat der Metropolitan Verlag ein Buch vorgelegt, das verdient, weitherum Beachtung zu finden. Wir sind gespannt, wie lange wir diesmal Zeit haben, bis zum nächsten Horxschen Opus zu verschnaufen.

Stichworte: Marketing; Trendforschung; Trends; Konsum; Konsumverhalten; Deutschland; Steilmann; Multikulturalität; Wertewandel; Apokalypse; Sustainable Development; Textilindustrie; Bekleidungsindustrie; Indianer; 68er
Schlagwort: Bücher und neue Medien > Rezensionen OekoDok

Medium:
Ökomedia
Publikationsdatum: 01.10.1995
Autor: ph.
Eigenschaften: Buch;

Buchangaben:
Millenium Moral. Wirtschaft, Ethik & Natur, Metropolitan, Düsseldorf, 1995.
Buchautor: Horx, Matthias / Steilmann, Britta
Seiten, Preis: 245 S. / 58 Fr.
ISBN: ISBN 3-89623-009-3

Abstract-Nr: 45440
Abstract-ID: 00501050083