Oekodok
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Abstract
Warum Tankerunfälle nicht immer die eigentlichen Katastrophen sind
Eine Analyse der Erdöltransportschiffahrt zeigt jetzt detailliert, wo in diesem Teil der Transportkette die grossen Probleme liegen – und welche Folgerungen das für den Erdöltransport haben sollte.<br/>Als Greenpeace die Ölplattform «Brent Spar» besetzte, legte die Organisation den Finger auf einen wunden Punkt in der Erdölbereitstellung. Freilich sind die Umweltbelastungen der Meere beispielsweise durch Havarien und durch die Folgen des täglichen Verbrauchs fossiler Energie an Land wesentlich grösser, als dies die direkten Förderfolgen sind: Von den insgesamt 3,25 Millionen Tonnen Öl, die jährlich in die Meere fliessen, stammen «nur» 50 000 Tonnen aus der Offshore-Förderung. Sechsmal mehr wird über die Atmosphäre eingetragen (0,3 Millionen Tonnen) und etwa dreissigmal mehr durch Transporte (1,47 Millionen Tonnen pro Jahr). Von diesen knapp anderthalb Millionen Tonnen stammen wiederum «nur» 400 000 Tonnen aus Tankerunfällen, fast doppelt so viel (700 000 Tonnen) aus Ballast- und Tankwaschwasser.<br/>Diese Zahlen stammen aus dem Jahre 1981 und sind, da es sich um Schätzungen handelt, sehr ungenau. Statt der gesamthaft über 3 Millionen Tonnen könnten es durchaus auch knapp 9 Millionen gewesen sein – oder 1,7 Millionen. Für das Jahr 1973 liegen die Schätzungen zwischen knapp 5 und gegen 8 Millionen Tonnen Öl, von denen etwa 0,2 Millionen aus Tankerunfällen stammen dürften (und etwa 1 Million von Ballast- und Tankwaschwasser). Trotz dieser Ungenauigkeiten ist offensichtlich, dass die normale Transportkette den Grund für die Ölemissionen bildet: «Ohne allen Zweifel kann festgestellt werden, dass das Ausmass des Öleintrags in die Meere durch den Normalbetrieb der Erdöltransportschiffahrt mit der über See transportierten Erdölmenge korreliert», schreibt Marco Berg in seiner Dissertation, die übrigens mit Unterstützung der schweizerischen Erdöl-Vereinigung publiziert worden ist. Da allerdings Öl für Umweltschäden nicht immer Öl ist (der diffuse Eintrag ist bisweilen weniger schädlich als der direkte, kleinflächige und hochvoluminöse, wie er bei einer Tankerhavarie entsteht), reicht es nicht, den Normalbetrieb ein bisschen zu ändern. Grundsätzlich müsste Erdöl nur noch über möglichst kurze Strecken über See transportiert werden, wobei Marco Berg in dieser Formulierung noch weiter geht: Es sollten «möglichst geringe Mengen von Erdöl mit möglichst neuen Tankern über möglichst kurze Strecken transportiert werden».<br/>Und was daran ist neu? Das Neue ist, dass der Verfasser dies anhand des Vorsorgeprinzips und des Prinzips der Verteilungsgerechtigkeit hergeleitet hat. «Verteilungsgerechtigkeit»? Jene, die am wenigsten Erdöl nutzen, sollen nicht am meisten unter Erdölschäden zu leiden haben. Berg diskutiert auch mögliche Massnahmen, wobei dieser Teil nach meinem Geschmack ruhig ausführlicher hätte sein dürfen – die Risikoberechnungen (nicht aber die Überlegungen dazu) würde ich mir dafür schenken… Aber schliesslich hat der Verfasser das Buch nicht für unsereins geschrieben, sondern als Dissertation an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Dass uns das Buch dennoch so stark angeht und so viel zu sagen hat, spricht für seinen Verfasser. Prädikat: Sehr informativ.
Stichworte: Fossile Brennstoffe, Treibstoffe, vorgelagerte Prozesse, Umweltverschmutzung, Meeresgefährdung, Ölteppiche, Zahlen, Tabellen, Grafiken
Schlagwort: Bücher und neue Medien > «Buch des Monats»
Medium: Ökomedia
Publikationsdatum: 28.08.1997
Autor: tsc.
Eigenschaften: Statistiken/Grafik;
Buchangaben: Umweltgefährdungsanalyse der Erdöltransportschiffahrt, Verlag Peter Lang, Bern, 1997.
Buchautor: Berg, Marco
Seiten, Preis: 253 S. / 58 sFr.
Abstract-Nr: 48544
Abstract-ID: 00511300006