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Abstract


Die gezinkten Karten der Fossilindustrie in der Treibhauspolitik

Die Klappentexte von «The Heat is on» versprühen Lob ohnegleichen: Ohne dieses Buch sei man «schlecht dafür gewappnet, über die Zukunft unseres Planeten nachzudenken» (Bill McKibben), es sei «eine machtvolle Nachricht» (James J. McCarthy, Harvard-Universität) und geradezu «unumgänglich» (Paul R. Epstein). Was also kann dieses Buch?<br/>Der Pulitzer-Preisträger Ross Gelbspan zeichnet langfädig, überpräzis und ohne erkennbaren Sinn für Dramatik nach, wie die amerikanische Kohle- und Ölindustrie Wissenschafter ausschickte, den aktuellen Stand des Wissens in der Öffentlichkeit nach unten zu nivellieren und damit Klimaabkommen zu verhindern oder zu torpedieren. Dazu waren ihnen reichlich viele Mittel recht. Und weil die «guten» Wissenschafter anständige Leute sind, wäre das der amerikanischen Fossil-Lobby um ein Haar gelungen. Doch der hehren Wissenschaft wurde in ihrer Bedrängnis von unerwarteter Seite Hilfe zuteil: von der Versicherungsbranche, die die Zeichen der Klimaveränderung in ihren Schadensstatistiken erkannte und zu deuten verstand. Und als Ausweg schlägt Gelbspan zum Schluss erneuerbare Energien vor.<br/>So weit, so gut. Vielleicht hätte ich ganz gerne auch ein paar Worte über die Atomindustrie gelesen, die schliesslich vor ein paar Jahren auf die Treibhauspauke hieb, was das Zeug nur so hielt, um sich als Retterin in der Not zu preisen. Aber dass die Öl- und Kohlelobby tatenlos zugeschaut hätte, wie ihr die Felle davonschwimmen, wäre doch zu erstaunlich gewesen. Das eigentliche Thema des Buches wird denn auch kaum angegangen: die Schwierigkeit von Wissenschaftern, ihre Erkenntnisse verständlich publik zu machen, ohne von der gesamten Gilde als unwissenschaftlich angesehen zu werden.<br/>Was das Buch von Gelbspan interessant macht, ist der Apparat, den es enthält: Fast für jede Seite sind im Anhang die Quellen aufgeführt. Warum sie nicht gleich im langatmigen Text erscheinen, ist indes nicht ersichtlich, ebensowenig der Verzicht auf jegliche Tabelle. Kurz und gut: Das Buch mag wichtig (und für LobbyarbeiterInnen sogar eine Art Leitfaden) sein. Wer es zur Hand nimmt, sei aber gewarnt: «The Heat is on» wird garantiert nicht mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet werden – es ist gleich aufregend wie ein Schluck fader Tee.

Stichworte: Klimakatastrophe, Wissenschaft, IPPC, Atmosphäre, Kohlendioxid, Energieindustrie, politische Aktivitäten, USA, Umweltpolitik, Index
Schlagwort: Bücher und neue Medien > Wissenschaft und Technologie

Medium:
Ökomedia
Publikationsdatum: 06.06.1997
Autor: tsc.
Eigenschaften: Buch;

Buchangaben:
The Heat is on. The High Stakes Battle over Earth's Threatened Climate, Addison-Wesley Publishing Company, Reading, 1997.
Buchautor: Gelbspan, Ross
Seiten, Preis: 278 S. / o.A.

Abstract-Nr: 48725
Abstract-ID: 00511450045