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Abstract


Religion und Ökologie

Selten war ich so ratlos, wie ich es bei diesem Buch bin: Die beiden Verfasser postulieren eine «Kulturökologie» und eine «Umweltethik» und beziehen sich dabei in Tat und Wahrheit auf Religionen. Dabei erlauben sie sich hin und wieder Kunstkniffe, die nicht überall ganz einsichtig sind. Der anthropozentrierte Humanismus, der Eigenverantwortung fordert, wird beispielsweise kurzerhand zur Religion hochstilisiert, um ihn mit anderen Formen von Umweltethik vergleichen zu können. Für andere Übergebilde, die füglich Ersatzreligionen genannt werden dürfen (Neoliberalismus, beispielsweise) und deren Untersuchung ausserordentlich spannend hätte werden können, fehlt ein solch kühner Versuch. Schlimmer noch: diese Ersatzreligionen fehlen überhaupt – so, als bewege sich die Kultur (die es, strenggenommen, im Singular nicht einmal gibt) in einem ideologischen Vakuum.<br/>Dafür sollen beispielsweise die deutschen «Grünen» religiös sein, was allerdings sogar die zitierten Quellen selbst widerlegen (die Zahl der als «spirituell» zu bezeichnenden «Grünen» dürfte nach Angaben der wichtigsten Quelle nicht einmal ein Drittel erreichen). Etwas ratlos kaut man sich durch dieses Buch, dessen Verständlichkeit durch Kommafehler auch nicht eben erhöht wird und dessen Verfasser bisweilen der Einfachheit halber sich selbst querzitieren.<br/>Die These der Verfasser ist etwa diese: Umweltprobleme sind nicht Probleme der Natur, sondern Probleme der Kultur (respektive der Naturwahrnehmung, die kulturell geprägt ist). Die Umweltkrise könne also mit einer Ökologie der Kultur gelöst werden, wobei diese Kulturökologie zwischen naturwissenschaftlichem Problembewusstsein und moralischer Mahnung zu umweltgerechtem Handeln einzuordnen sei. Falls Sie sich zu durch und durch religiösen Menschen zählen, die gerne auch ein bisschen Philosophie betreiben und die grundlegenden linguistischen Theoriegedanken ebenso schätzen wie den (im Buch übrigens falsch geschriebenen) «Tractatus logico-philosophicus» Wittgensteins, so nehmen Sie das Buch ruhig zur Hand. Vielleicht finden dann wenigstens Sie heraus, warum der Nationalfonds diese Forschungsarbeit unterstützt hat.

Stichworte: New Age, Weltreligionen, Buddhismus, Hinduismus, Judaismus, Christentum (gibt es wirklich kein Wort auf -smus?), Atheismus, Naturreligionen, Weltbevölkerung, Bevölkerungskonferenz, Stellungnahmen, Katholizismus, Protestantismus, Wertewandel, Spiritualität, Rechtsradikalismus, Faschismus
Schlagwort: Bücher und neue Medien > Wissenschaft und Technologie

Medium:
Ökomedia
Publikationsdatum: 06.06.1997
Autor: tsc.
Eigenschaften: Buch;

Buchangaben:
Natur als Kulturprodukt. Kulturökologie und Umweltethik (Themenhefte Schwerpunktprogramm Umwelt des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung), Birkhäuser-Verlag, Basel, 1997.
Buchautor: Krieger, David J. / Jäggi, Christian J.

Abstract-Nr: 48726
Abstract-ID: 00511450046