Oekodok
|
|
|
|
Abstract
Die Inbesitznahme des Mikrokosmos läuft auf Volltouren
Eines der Ziele der Konvention um Biodiversität, die im Dezember 1993 in Kraft trat, lautet: eine «gerechte Verteilung» der Vorteile, die sich aus dem Nutzen von biologischen Ressourcen ergeben. Allgemein anerkannt sind die Gefahren des Artenverlustes – gemeinsam wollen Staaten aus dem Norden und dem Süden dagegen vorgehen.<br/>So weit, so gut. Die Zielvorgabe konnte als geteiltes Interesse formuliert werden. Die Umsetzung hingegen bietet Zündstoff. Länder aus dem Norden sind vorwiegend auf das ökonomische Potential scharf: Die Hälfte bis drei Viertel der geschätzten 5 bis 25 Millionen Arten leben in tropischen Regenwäldern; mit Patentrechten auf Genmaterial können sich die Industriestaaten diese aneignen. Länder des Südens verwerten eine grosse Zahl der Arten direkt: In Thailand, zum Beispiel, beträgt der Anteil «wilder Nahrungsmittel» 50 Prozent des gesamten Nahrungsmittelkonsums. Durch vereinheitlichte Agrarwirtschaft haben die USA 97 Prozent der Artenvielfalt ihrer 75 Gemüsesorten verloren.<br/>Die neuen wirtschaftlichen Expansionsmöglichkeiten sind offensichtlich. Allein 1990 setzte die Pharmaindustrie der USA 15,5 Milliarden Dollar mit dem Verkauf von pflanzlichen Medikamenten um. Auch das Versprechen der Chemieindustrie, dass genmanipulierte Pflanzensorten weniger Pestizide benötigen würden, hat sich ins Gegenteil gewandelt, das heisst, immer mehr Dünger und Schädlingsvernichtungsmittel müssen bei denselben ProduzentInnen gekauft werden: LandwirtInnen des Südens sind in eine Abhängigkeitsspirale der westlichen Chemieunternehmen geraten.<br/>Die Situation scheint hoffnungslos ungerecht und verfahren. Das Kollektiv, das diese Publikation hervorbrachte, belässt es aber nicht bei einer sehr detaillierten, sorgfältig aufgearbeiteten Übersicht über die Missstände. Es zeichnet Alternativen auf, die zum Teil Nicht-Regierungsorganisationen in Zusammenarbeit mit lokalen, indigenen Bevölkerungen auf die Beine gestellt haben.<br/>Eine Voraussetzung für eine andere Entwicklung ist jedoch die fundierte Kenntnis der Mechanismen. Neben kurzen wissenschaftlichen Einführungen in Gentechnologie stellen die VerfasserInnen auch das politische Instrumentarium vor: Patent-Anmeldung als wirtschaftspolitische Massnahme ist im Rahmen von GATT und WTO beschrieben. Was Entscheidungen und Folgen betrifft, ist das Buch eine Fundgrube an Informationen und Gedankenanstössen. Besonderes Gewicht erhält das Projekt zur Diversität menschlicher Genome. Dass der Ansatz gefährlich deterministisch ist und eine Vorstellung von «Rasse» beinhaltet, die nicht haltbar ist, kommt in verschiedenen Aufsätzen zum Ausdruck.<br/>Leider ist das Layout nicht sehr ansprechend. Es wäre alles vorhanden: Bildmaterial, Tabellen, Kästen mit Informationen und Illustrationen. Dem Buch ist zu wünschen, dass ein deutschsprachiger Verlag eine Übersetzung herausgibt (lange Lieferfrist und etwa doppelter Preis über Buchhandel; Verlagsadresse: Intermediate Technology Publications, 103/105 Southampton Row, London WC1B 4HH, UK).
Stichworte: Agenda 21, Biome, Bioprospecting, Biotechnologie, Bt toxin, sui generis, Konservierung, Ökosysteme, Fauna, Flora, Gene, Farmers' Right, Genpool, Genome, Grüne Revolution, Herbizide, Recht auf intellektuellen Besitz, Lizenz, nachhaltige Entwicklung, Vielfalt, Virus, Umweltorganisationen, Genmanipulation, WWF, Swissaid, HGDP, PRA
Schlagwort: Bücher und neue Medien > Rezensionen Bücher und graue Literatur Ökomedia
Medium: Ökomedia
Publikationsdatum: 23.09.1996
Autor: cm.
Eigenschaften: Buch; Inserat;
Buchangaben: The Life Industry. Biodiversity, people and profits, Intermediate Technology Publications Ltd., London 1996.
Buchautor: Baumann, Miges / Bell, Janet et al. (Hg.)
Seiten, Preis: 206 S. / 12 £
ISBN: 1-85339-341-X
Abstract-Nr: 51684
Abstract-ID: 00511050127