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Abstract


Im Paradies der «Gen-Reichen»

In Lee Silvers erschreckender Zukunftsvision ist die genetische «Optimierung» des Nachwuchses nur eine Frage des Geldes.<br/>Der englische Originaltitel («Remaking Eden») treffe das Thema besser als der deutsche Text (der im übrigen auch auf Begriffe wie «GenRich» und «Naturals» verzichten muss), der Kern der Botschaft aber bleibe derselbe: «Wir haben es geschafft, das Feuer des Lebens zu zähmen. Wir haben damit die Macht erlangt, das Schicksal unserer Art selbst in die Hand zu nehmen», schreibt Silver. Was folgt, ist ein Albtraum: Unsere Nachfahren dürften mit höherer Wahrscheinlichkeit jene Art von Kindern erzeugen können, die sie sich wünschen (wobei das Ganze unerwünschte und unvorhersehbare Nebenwirkungen beispielsweise auch im Verhalten haben kann, aber das ist eine andere Geschichte, auf die das Buch nicht eingeht). Möglicherweise spalte sich die Menschheit gar in zwei Gruppen: in jene, die das Geld besitzt, den Nachwuchs zu frisieren (also: die «GenRiches»), und in jene, die das dazu notwendige Geld nicht hat und daher die Kinder weiterhin als «Naturals» zur Welt bringt.<br/>Silvers verbinde seine Analyse mit Zukunftsentwürfen, die durchaus kein überzogenes Horrorgemälde sind, sondern eine «ebenso gründliche wie verständliche Erkundung der Möglichkeiten der Reproduktionsgenetik». Immerhin lehrt er in Princeton Molekularbiologie und ist Gutachter für Gesetzesvorlagen im Kongress der USA.<br/>Konsequent weitergedacht, führt die Finanzierbarkeit von Gentech-Reproduktion für wenige, die Kinder nach ihrem gewünschten Genotyp selektieren können, dazu, dass der Abstand zwischen «oben» und «unten» grösser werde und dass «die Genselektion am Ende sogar zur Entwicklung zweier Menschengattungen führt». Der Rezensent dieses Buches – der amerikanische Philosoph Philip Kitcher – schreibt dazu und zu den Folgen ausufernd verwendeter pränataler Gentests: «Es gibt viele Wege, ein glückliches und produktives Leben zu führen, und es ist traurig, sich vorzustellen, dass zukünftige Eltern sich gedrängt fühlen, Selektion gegen Kinder zu betreiben, die sich hätten entfalten können.»

Stichworte: Human-Genom-Projekt, Klonen, Gentechnologie, soziale Folgen, Sozialökologie, Designer-Babys, «Gen-Verbesserungen», Kinder nach Mass, Genmanipulationen, Prognosen, Visionen, Zukunft
Schlagwort: Bücher und neue Medien > «Buch des Monats»

Medium:
Zeit
Publikationsdatum: 05.03.1998
Autor: Kitcher, Philip
Eigenschaften: Buch; Literaturhinweise; Kommentar;

Buchangaben:
Das geklonte Paradies. Künstliche Zeugung und Lebensdesign im neuen Jahrtausend; aus dem Amerikanischen von Henning Thies und Susanne Kuhlmann-Krieg, Droemer-Knaur-Verlag, München, 1998.
Buchautor: Silver, Lee
Seiten, Preis: 400 S. / DM 46,90

Abstract-Nr: 94767
Abstract-ID: 00511300012